Die Vereinigung „Mémoire des Vins Suisses“ hat sich zum Ziel gesetzt ein Schaufenster für gereifte Schweizer Weine zu schaffen. Dazu haben sich im Jahr 2002 Weinjournalisten und Produzenten zusammengetan, um von den jeweiligen Spitzenweinen jedes Jahr 60 Flaschen einzulagern. Das Ziel war und ist diese Weine in gereiftem Zustand präsentieren zu können. Anfangs waren 21 Produzenten aus allen Regionen der Schweiz dabei, heute sind es 56 Produzenten, von welchen je 1 Wein auserkoren wurde. Die Journalisten verpflichten sich die Weine zu beschreiben und die Qualität der Weine zu dokumentieren. Man trifft sich regelmässig um die Weine zu degustieren und um Weine resp. Produzenten für eine Erweiterung der Weinpalette auszuwählen.
Zumindest ein Mal pro Jahr werden diese Weine, respektive mehrere Jahrgänge davon, dem fachkundigen Publikum präsentiert. Am Sonntag, 8 März hat sich im Dolder Grand in Zürich die Crème de la Crème der Schweizer Weinproduzenten eingefunden, um ihre Weine zu präsentieren. Von jedem Wein wurden mehrere Jahrgänge präsentiert, angefangen beim Jahrgang 2014 und zum Teil zurück bis zum Jahrgang 2000 konnten diese Weine degustiert werden. Ich hatte das Glück dabei zu sein und möchte stellvertretend 4 Weingüter bzw. deren Weine vorstellen.
Meilener Räuschling Seehalden von Schwarzenbach Weinbau Meilen.
Die Sorte Räuschling ist eine seltene, heute nur am Zürischsee angebaute Sorte, insgesamt stehen nur noch 30 ha im Ertrag. Die Sorte stammt eigentlich aus Deutschland und war früher dort und auch in Frankreich weit verbreitet. Sie erlebt eine kleine Renaissance. Einer der besten Weine aus dieser Sorte wird vom Weingut Schwarzenbach in Meilen erzeugt. Die Seehalde ist seit 2005 im MDVS dabei, der Wein wird im Stahltank ausgebaut und hat dank der hohen Säure ein sehr gutes Alterungspotential.
2013: In der Nase leicht rauchige und auch noch etwas dropsige Noten, Apfel und Zitrusfrüchte, am Gaumen ist der Wein schlank und frisch, die Kaltgärungsnoten sind noch präsent, der Wein endet mit einem langen, fruchtigen Abgang, deutlich zu jung und mit gutem Potential. 16/20
2010: In der Nase dezent rauchige Noten, Quitten, Blütendüfte, frischer, fruchtiger Antrunk, die Quitten sind auch hier spürbar, schlanker, eleganter Wein, frischer, langer Abgang. Immer noch jugendlicher, eleganter Wein, der noch viele Jahre Freude machen wird. 17/20
2007: In der Nase erste Reifetöne, Honignoten, Zitrus, weicher fruchtiger Antrunk, schlank, gut stützende Säure, ein sehr eleganter Wein mit viel Schmelz und einem sehr langen Abgang. Noch lange nicht am Ende der Entwicklung. 17/20
Pinot gris vom Weingut Steiner Schrnelz Village
Pinot gris ist eine sehr alte Sorte, sie ist eine Spontanmutation des Pinot noir. In der Schweiz ist die Sorte recht verbreitet, es stehen 216 ha im Ertrag, der grösste Teil davon im Wallis, wo die Weine als Malvoisie bezeichnet werden. Viele davon werden als Süssweine ausgebaut. Die Pinot gris-Reben wurden 1989 gepflanzt, seit 2007 ist der Wein Teil des MDVS. Der Ausbau erfolgt im Stahltank, der Wein wird auf der Feinhefe gelagert und ohne zweite Gärung auf die Flasche gefüllt.
2014: Der Wein wurde erst kürzlich abgefüllt, leicht dropsige Noten, elegante Fruchtnoten, am Gaumen frischfruchtig, rassig, wohproportioniert, langer mineralischer Abgang. Noch etwas von der Flaschenfüllung gezeichneter Wein, mit schönen Potential. Sehr schlank und knackig für die Sorte. 16.5/20
2011: Reduktive Noten, Schwefelhölzer, weicher, sehr fruchtiger Antrunk, viel Schmelz, dichter, üppiger Wein. In seiner molligen Art sehr typisch für die Sorte. Der Wein ist im Moment in einer Übergangsphase. Das Potential für eine weitere Lagerung ist durchaus vorhanden. 16/20
2008: Rauchige Noten, Bittermandeln, beginnende Reife, weicher, sehr voller Antrunk, leichte Fruchtsüsse, gut stützende Säure, sehr kompakter, eleganter Wein, langer mineralischer Abgang. So trinkt sich Pinot gris mit Vergnügen. 17.5/20
Syrah Chamoson Vieilles Vignes von Simon Maye & fils
Die Sorte Syrah hat sich im Wallis als herausragende Sorte etabliert. Sie stammt ursprünglich aus dem nördlichen Rhônetal, wo die berümtesten Syrahweine (Hermitage, Côte-Rôtie) zuhause sind. Aber auch am Oberlauf der Rhône im Wallis liefert die Sorte seit vielen Jahren herausragende Weine. Einer dieser Weine ist der Syrah Chamoson Vieilles Vignes von Simon Maye & fils. Der Wein ist seit 2000 im MDVS. Der Rebberg bestehend aus kiesigem Sandboden, er wurde 1982 mit 9000 Stöcken pro Hektar sehr dicht neu bestockt. Der Ausbau erfolgt klassisch, die Reifung findet während 12 Monaten in teilweise neuen Barriques statt.
2012: Würzige und harzige Noten, noch sehr verhalten, der Holzausbau ist praktisch nicht spürbar. Im Antrunk dicht und mit viel Schmelz, würzig, Pfeffer, ganz leicht seifige Anklänge, schlanker, eleganter Körper. Der Wein ist noch jugendlichst, hat aber vielversprechende Ansätze. Warten!! 17.5/20
2009: In der Nase schwarzfruchtigen Noten, leicht würzige Anklänge, weicher, fruchtbetonter Antrunk, Himbeeren, Tabak, dicht und vielschichtig. Ein harmonischer, toller Wein mit einem sehr langen Abgang. Jetzt schon gut zu trinken, hat aber noch Potential für viele Jahre. 18/20
2000: Würzig, dezente Stallnoten, „sweaty saddles“, wie die Australier sagen, erste Reifetöne, Tabak, Leder, weicher, Antrunk mit viel Schmelz, die Säure markiert Frische, die Gerbstoffe sind mürb. Ein sehr eleganter Wein mit sehr langem, würzigem Abgang. Jetzt reif, aber es eilt nicht. 17.5/20
Cornalin von Anne-Catherine & Denis Mercier
Die Sorte „Cornalin“ wird heute ausschliesslich im Wallis angebaut, die Rebfläche betrug 2009 nur 116 ha. Die Sorte stammt aus dem Aostatal. Der „Rouge du Pays“, wie die Sorte eigentlich heisst, ist ein Elternteil der Sorte „Cornalin“, welche im Wallis unter dem Namen „Humagne rouge“ bekannt ist. Verwirrend ich weiss, aber leider Tatsache. Unabhängig von der verwirrenden Namensgebung ist die Sorte für mich eine der spannendsten autochthonen Sorten der Schweiz. Der Cornalin von Mercier ist seit 1999 im MDVS. Der Rebberg ist ein leicht tonhaltiger Kalkboden, die Pflanzdichte beträgt 10’000 Stöcke pro ha, das Pflanzjahr der Reben reicht von 1988 bis 2012. Bei der Kelterung findet eine einwöchige Kaltmazeration statt, anschliessend erfolgt die Vergärung in Holzstanden mit manuellem Unterstossen des Tresterhutes, der Ausbau erfolgt während 12 Monaten in zum Teil neuen Barriques.
2012: Sehr dunkler Violettrot, frische Frucht, Weichselkirschen, frischer, schlankfruchtiger Antrunk, schwarze Früchte, schlanker, gut von der Säure gestützter Körper, feinkörniges Tannin, hochelegant, extrem langer, feinfruchtiger Abgang. Ein grandioser Cornalin mit sehr viel Potential. 18/20
2009: In der Nase reife schwarze Früchte, Amarenakirschen, mineralische Noten, am Gaumen frischfruchtig, mürbe Gerbstoffe, sehr elegant, langer, mineralisch-fruchtiger Abgang. 17.5/20
2006: In der Nase wieder frische schwarze Früchte, Kirschen, im Antrunk frisch und lebendig, schlanker, mineralischer Körper, mürbe Gerbstoffe, ein eleganter, harmonischer Wein, sehr langer Abgang, auf der Frische endend. 18/20
2003: Frische schwarzfruchtige Noten ohne jegliche Überreife, weicher, fruchtiger Antrunk, etwas belegende Gerbstoffe, dicht, für den heissen Jahrgang erstaunlich ausgewogen, schöne Länge. 17/20.
2000: Erste Reifetöne, aber immer noch viel frische Frucht, am Gaumen frischfruchtig und rund, schlank, mineralisch, langer, von der Säure geprägter Abgang. Ein gereifter Wein mit viel Trinkanimo. 17.5/20
Der Tag im Dolder Grand hat gezeigt, dass sich die Schweizer Spitzenweine international sehr gut behaupten können. Leider für die Produzenten, zum Glück für uns Schweizer Weintrinker, wird nur ein sehr kleiner Teil des Schweizer Weins exportiert. Ausgrund der hohen Lohnkosten und der exzellenten Qualitäten ist verständlich, dass diese Weine ihren Preis haben, trotz allem aber ein sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis ausweisen.
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