Neuseeland, eine junge Weinbaunation
18’400 km sind es von Zürich nach Auckland, was eine 24-stündige Flugreise mit sich bringt. Unser Weg war deutlich kürzer, da wir nur von Adelaide in Australien in die Hauptstadt Auckland geflogen sind. Das Land der grossen weissen Wolke, Aotearoa, wie es auf Maori heisst, übt auf uns Schweizer eine starke Anziehung aus. Das Land hat auf den ersten Blick viele Ähnlichkeiten mit der Schweiz, es gibt Berge und Gletscher, die Landschaften sind sattgrün, die beiden Inseln bieten aber auch ganz anderes, wie unzählige Schafe, die Küsten und die Vulkane. Aufgrund der geografischen Gegebenheiten ist es möglich am Morgen in den Bergen Ski zu fahren und den Nachmittag am Strand zu verbringen.
Neuseeland ist etwa sechseinhalbmal so gross wie die Schweiz, hat aber nur etwa die Hälfte an Einwohnern. Dies und die Vielfalt der häufig noch naturbelassene Landschaft machen sicher einen Grossteil der Faszination für dieses Land aus.
Auch was den Weinbau betrifft, lassen sich einige Ähnlichkeiten zur Schweiz finden: die wichtigste Rotweinsorte ist Pinot noir und die Weinbranche besteht aus vielen kleinen Weinbaubetrieben; damit sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon aufgezählt.
Die Weine der „Neuen Welt“, wie die nicht aus Europa stammenden Weine häufig genannt werden, stammen aus Ländern, welche zwar nicht neu sind, in denen der Weinbau aber erst mit der Besiedelung durch die Europäer oder sogar noch später begonnen hat. Insofern ist die Bezeichnung „Neue Welt“ nicht unpassend. Noch neuer ist aber der Boom in vielen dieser Länder. Häufig hat der grossflächige Weinbau erst vor 30 oder 40 Jahren eingesetzt. Die klimatischen Bedingungen waren schon lange gegeben, was fehlte waren Investoren, welche im dortigen Weinbau eine Zukunft sahen. Damit einhergehend war es nötig die entsprechenden Absatzmärkte zu schaffen. Im Falle von Neuseeland war dies zuerst vor allem Grossbritannien, welches dieses Land kolonialisierte und über den Commonwealth auch einen intensiven Handel betrieb.
Der, zumindest im grossen Stil betriebene, noch recht junge Weinbau bringt mit sich, dass einerseits die Reben häufig erst um die zehn Jahre alt sind und andererseits fehlen auch die Erfahrungen von vielen Generationen von Weinbauern, wie sie in den traditionellen Weinbaugebieten Europas seit Jahrhunderten bestehen.
Diese Erfahrung, welche unter anderem die Kenntnis der Böden und des Mikroklimas beinhaltet, wird durch den starken Einsatz von technischen Hilfsmitteln, wie Bodenanalysen, und den Einsatz von Satellitentechnik zur Klimaüberwachung versucht wett zu machen. Auch was die Kellereitechnik anbelangt haben die Länder der „Neuen Welt“ lange Zeit sehr viel mehr investiert als die traditionellen Weinbauländer. Dementsprechend sind die allermeisten Weine der „Neuen Welt“ technisch zwar absolut sauber gemacht, eine Seele ist einem Wein aber auch mit der besten Technik der Welt nicht einzuhauchen. Dazu bedarf es Erfahrung, Kenntnisse der Weingärten und des Mikroklimas sowie ein Gespür für das Wesen des entstehenden Weines.
Neuseeland hat einen wahren Weinboom erlebt. In den ersten 10 Jahren des neuen Jahrtausends hat sich die Rebfläche verdreifacht und die Anzahl der Weingüter hat sich etwa verdoppelt. Dies vor allem dank der Sorte Sauvignon blanc, welche von etwa 4’500 ha auf über 17’000 ha angewachsen ist. Die Sorte bedeckt damit knapp 75% der gesamten Rebflächen in Neuseeland.
Das Exportvolumen für Wein hat sich in diesem Zeitraum mit einem Anstieg von knapp 20 Millionen Litern auf etwa 113 Millionen Liter mehr als verfünffacht. Auch beim Export macht Sauvignon blanc mit 80% den mit Abstand grössten Anteil aus. Diese Einseitgkeit macht sogar den neuseeländischen Produzenten etwas Kummer, was sie dazu animiert an neuen Standbeinen zu arbeiten. Eines davon ist die Sorte Pinot noir, deren Rebfläche sich in den letzten 10 Jahren etwa verdoppelt hat und nun bei etwa 15% der gesamten Rebflächen liegt. Pinot noir hat damit die Sorte Chardonnay vom zweiten Platz der meistangebauten Sorten verdrängt.
Auch wenn mit der Sorte Pinot noir eine Rotweinsorte einen Aufschwung erlebt, wird Neuseeland, dessen Rebflächen zu knapp 80% mit Weissweinsorten bestockt sind, noch lange ein Weissweinland bleiben. Im Moment müsste man sogar sagen ein Sauvignon blanc-Land. Damit soll allerdings nicht angedeutet werden, dass in diesem Land nicht auch eindrückliche Rotweine erzeugt werden können.
Was nach dem Besuch von diversen Weingütern bleibt, ist der Eindruck von Aufbruch und ein Suchen nach einer weiteren Verbesserung der Weinqualitäten. Die Produzenten beginnen immmer mehr ihre besten Lagen zu selektionieren und daraus bemerkenswerte Weine zu erzeugen. Um wirklich überragende Weine in die Flasche zu bringen sind die Reben zum Teil einfach noch zu jung. Dies verspricht uns aber für die Zukunft noch Einiges. Mit zunehmendem Rebenalter und dem besseren Verständnis der Eigenheiten der Sorten und Lagen können wir uns freuen auf die Weine, welche von den Spitzenproduzenten in den kommenden Jahren erzeugt werden. Gleichzeitig können wir nur hoffen, dass diese Nischenprodukte vermehrt ihren Weg in die Weinkeller der hiesigen Liebhaber finden werden, denn ohne entsprechenden Absatz werden diese Weine nie erzeugt werden.
Welche Weingüter besucht wurden und wie mir die Weine gefallen haben, werde ich nach und nach berichten……
Schreibe einen Kommentar